Dennis Endras: \"Diese Saison wird kein Selbstläufer\"

Dennis Endras ist zurück in der DEL. Der 27-Jährige, der in der vergangenen Saison für die Houston Aeros in der AHL sowie für den finnischen Traditionsklub IFK Helsinki zwischen den Pfosten stand, hat sich für die kommenden drei Jahre an die Adler aus Mannheim gebunden. Ein Club, dessen Zielsetzung durchaus ambitioniert ist. Denn es ist kein Geheimnis, dass die Adler um den Titel mitspielen wollen. Dazu soll auch der deutsche Nationaltorhüter seinen Teil  beitragen. Doch nicht nur die neue DEL-Saison 2012/2013 ist für Endras eine große Herausforderung, in Mannheim tritt der Ex-Augsburger auch in die Fußstapfen seines Vorgängers und Publikumslieblings Freddy Brathwaite. Eine Herausforderung, die den ehrgeizigen deutschen Nationalkeeper, der allerorts Sympathien bei den deutschen Eishockeyfans besitzt, vermutlich noch weiter anspornen wird.

Im ersten Teil des Interviews spricht Endras über die Vorbereitung, die Stimmung bei den Adlern sowie seine letzte Saison in Nordamerika und Finnland.

Dennis, am Freitag geht es los. Bist du schon heiß?

Klar, auf jeden Fall. Nach der Vorbereitung freue ich mich jetzt auf den Start. Ich denke, das ist bei den Fans genauso wie bei uns Spielern.

Wie war die Vorbereitung der Adler Mannheim?

Durchaus anspruchsvoll. Wenn man in der European Trophy spielt, dann haben die Gegner ja auch ein entsprechend hohes Niveau. Das sind alles kampfstarke Mannschaften, gegen die man da ran muss. Da muss man direkt auf den Punkt top eingestellt und fit sein. Wir haben uns alles in allem nach anfänglichen Problemen immer ein Stück gesteigert. Wir sind jedenfalls topfit und hoffen auf einen guten Start am Freitag.

Wie ist die Stimmung in der Mannschaft?

Sehr gut. Es sind ja viele Spieler in Mannheim geblieben, die Jungs kennen sich fast alle. Man merkt, dass da ein positiver Geist in der Kabine herrscht. So etwas kann in einer langen Saison der Schlüssel sein, wenn man wie wir so gut miteinander klar kommt. Wir haben neben der Arbeit auch viel Spaß miteinander. Da wird sich auch zwischendurch mal aufs Korn genommen. Was nicht jeder lustig findet.

Was genau meinst du?

Naja, letztens gab es im Training wieder den Klassiker. Niki Goc hatte einen Becher am Helm. Ein Spieler hat ihn beim Dehnen in ein Gespräch verwickelt, ein anderer Teamkamerad, dessen Name ich nicht nennen darf, hat ihm dann den Becher an den Helm geklebt. Da ist der Niki dann knapp eine Viertelstunde lang auf dem Eis herum gefahren und hat nichts gemerkt. Bis alle das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommen haben. Niki fand das aber weniger witzig. Falsch, er war sogar stocksauer. Aber das sind dann ja immer die besten Opfer (grinst).

Ihr werdet als ein heißer Titelfavorit angesehen. Wie schätzt du euch ein?

Klar, die Adler Mannheim gehören immer zum Favoritenkreis. Wir werden immer ganz vorne eingestuft. Das ist uns auch allen bewusst, muss auch unser Anspruch sein. Und wenn man in der letzten Saison im Finale war, dann erst recht. Nur dafür können wir uns jetzt auch nichts mehr kaufen. Es geht von null los und diese Saison wird sicherlich kein Selbstläufer. Zumal ich die DEL wieder sehr ausgeglichen erwarte, denn auch die vermeintlich kleineren Clubs haben extrem aufgerüstet. Und alle Teams, die gegen uns spielen, legen eh noch eine Schippe drauf.

Ansonsten sind mit den „alten Bekannten“ wieder zu rechnen, oder?

Das denke ich auch. Berlin natürlich, auch Wolfsburg sehe ich trotz vieler Abgänge stark. Der Ausfall von Christopher Fischer wiegt dort natürlich schwer. Dann kann ich mir vorstellen, dass Hamburg und Ingolstadt noch dazu kommen. Mein Geheimtipp ist in diesem Jahr sogar ein bisschen Augsburg.  Mal sehen. 

Du bist aus Finnland, von IFK Helsinki, direkt nach Mannheim gewechselt. Wie war es in der finnischen Hauptstadt?

Die Zeit in Helsinki hat mir wirklich gefallen. Es war die absolute richtige Entscheidung, dort hin zu wechseln. Vom ersten bis zum letzten Tag war es klasse. Die Jungs in der Kabine waren super und das Umfeld war ohnehin völlig eishockeyverrückt.  

Inwiefern?

Ach, überall ist Eishockey das große Thema. Du gehst durch die Stadt und allerorts, in allen Bars, Cafés und Restaurants hängen Fahnen oder Wimpel von Jokerit oder IFK. Besonders vor unserem Freiluftspiel, dem Stadtderby, war das vergleichbar wie bei uns die Fußballweltmeisterschaft. Alle Autos waren beklebt, Eishockey hatte mehrere Seiten in den Zeitungen, es gab nur ein Thema. Ich habe das direkt am ersten Tag erlebt, als ich aus Amerika nach Helsinki gekommen bin. Abends bin ich gelandet, am nächsten Tag haben mich 20 bis 30 Leute in der Stadt beim Frühstück angesprochen und mir viel Glück gewünscht. Die hatten alle mein Foto in den Zeitungen gesehen und mich sofort erkannt. Nur ein Beispiel, wie eishockeyverrückt die da sind: Eines Abends saß ich in der Pizzeria und konnte mir u.a. auf der Speisekarte eine Pizza „Saku Koivu“ oder Pizza „Mikko Koivu“ bestellen. Dazwischen gab es eine „Pizza Dennis“, aber das hatte in dem Fall nichts mit mir zu tun, denn die Pizzeria hieß halt so. Trotzdem habe ich mich gefeiert, weil mein Name auch dort neben diesen Volkshelden stand (lacht).

Ist die Stimmung in den Stadien vergleichbar mit der in der DEL?

Es ist anders. Ich würde grundsätzlich sagen, dass die Finnen ein eher ruhiges, in sich gekehrtes Volk sind. Und das meine ich ganz ohne Wertung. Die Finnen sind ein wirklich sehr angenehmes Volk. Das merkt man auch bei den Spielen. Ich finde, dass die Zuschauer dort ein ungeheuer großes Fachwissen besitzen. Man merkt halt, dass quasi alle in dem Land Eishockey spielen oder zumindest mal gespielt haben. Der Respekt gegenüber dem Dargebotenen ist einfach größer. Es wird kaum gepfiffen oder gebrüllt, wenn es mal eine falsche Schiedsrichterentscheidung gibt. Die Leute respektieren auch, wenn du mal nicht dein Heimspiel gewinnst. Dann wird einfach akzeptiert, dass der Gegner vielleicht besser war. Wir sind zum Beispiel als Dritter in die Playoffs gestartet und sind dann gegen den Sechsten rausgeflogen. Natürlich waren die Leute auch enttäuscht, aber sie haben gesehen, dass es nicht gereicht hat und der Gegner einfach besser war. Es gab danach weder Häme noch Pfiffe oder gar wüste Beschimpfungen. Fans und Medien gehen mit solchen Situationen deutlich fachkundiger um. Mir hat das sehr gefallen.

Zuvor bei den Houston Aeros in der AHL hast du nur sechs Spiele gemacht, bevor du nach Helsinki gewechselt bist. Dein Engagement dort war nicht sonderlich spannend für dich, oder?

Auch diese Zeit war eine Erfahrung, auch wenn ich nicht lange da war. Das Spiel dort drüben ist allerdings nicht so mein Ding. Spielerisch und technisch ist die AHL meiner Ansicht nach schwächer als die DEL. Mit Finnland erst recht nicht zu vergleichen. In der AHL sind viele junge Spieler, die sich in jedem Spiel oder in jedem Wechsel beweisen wollen und müssen. Da hast du zahlreiche Boxeinlagen in einem Spiel. Das ist jedenfalls nicht meine Vorstellung von Eishockey. Natürlich gehört so etwas auch mal dazu, aber wenn ein Spiel dann plötzlich drei Stunden dauert, weil sich alle nur die Köpfe einhauen, dann macht das nicht so viel Spaß. Mir zumindest nicht. Ich finde nämlich, dass Eishockey viel mehr Facetten hat: Schöne Tore, tolle Moves, super Pässe, starke Saves, Taktiken. Das alles macht den Sport in meinen Augen so interessant.

Lesen Sie morgen den zweiten Teil des Interviews mit Dennis Endras ...

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